Waldkirch – Kollnau: Das älteste Restaurant in Kollnau, das Waldhaus wird geschlossen. Künftig wird das Waldhaus als Flüchtlingsunterkunft dienen.
Eine Flüchtlingsunterkunft mit Ausblick…
22.07.2016 – Waldkirch-Kollnau: Wer das „Waldhaus“ im Waldkircher Ortsteil Kollnau kennt, kennt auch die tolle Aussicht über diesen Stadtteil und die weite Umgebung. Nun sollen ab dem 1.9.2016 dort Flüchtlinge untergebracht und der Gaststättenbetrieb eingestellt werden. Für viele Kollnauer dürfte das keine erfreuliche Nachricht sein, fanden dort doch zahlreiche Sitzungen von Vereinen statt, viele haben dort ihre Hochzeit gefeiert oder sich zu anderen Anlässen im „Waldhaus“, dem ältesten Restaurant Kollnaus getroffen. Nicht zuletzt wegen der guten badischen Küche der bereits in vierter Generation von der Familie Müller betriebenen Gaststätte, wird das „Waldhaus“vielen Kollnauern und natürlich auch anderen treuen Gästen fehlen.
Doch manchmal lassen gewisse Umstände wenig Spielraum in der Entscheidungsfindung. Jochen Müller, der Wirt und Eigentümer des „Waldhauses „sagt, es sind familiäre, personelle und vor allem gesundheitliche Gründe, die ihm keine Wahl lassen, da er unter diesen Bedingungen das Restaurant nicht weiter führen kann.
Natürlich bestünde rein theoretisch die Möglichkeit an einen Gastronomen zu verpachten, jedoch wären die Pacht, Personal – und Betriebskosten für einen Nichteigentümer wirtschaftlich gesehen bei so einem großen Haus kaum zu bewältigen, so dass sich Jochen Müller sicher ist, dass sich gar kein Pächter darauf einlassen würde.
Für die Stadt kommt die Möglichkeit, das „Waldhaus“ als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, gerade zur rechten Zeit. Bis Ende 2016 muss die Stadt Waldkirch noch 83 Flüchtlinge unterbringen. „Hätte das „Waldhaus“ nicht zur Verfügung gestanden, wären in Kollnau sehr wahrscheinlich 2 Wohncontainer zum Einsatz gekommen, was sicher die schlechtere Option wäre“ – so Gabriele Schindler – die Ortsvorsteherin von Kollnau.
Momentan laufen schon die Vorbereitungen zur Umsetzung der Brandschutzverordnung. „Es müssen Brandschutztüren angebracht und Rauchmelder installiert werden – so Thomas Reger – Leiter des Dezernats III – Bürgerdienste, Sicherheit und Ordnung. Des weiteren wird es einige Umbaumaßnahmen im Inneren des Hauses geben. Im Gastraum werden 3 Zimmer entstehen und in den Nebenzimmern 2 weitere. Aktuell sind 8 Fremdenzimmer bereits vorhanden, die ab dem 1.9.2016 belegt werden können. Geplant ist auch, dass die Familie Müller aus dem 3. Stock auszieht, so dass dort weitere Räume zur Verfügung stehen. Ein großer Teil des Gastraums wird zum Aufenthaltsraum, die Küche bleibt als Gemeinschaftsküche.
Der Quotenschlüssel zur Flüchtlingsunterbringung liegt bei 2,3% der Bevölkerung. Für Waldkirch ergibt sich daraus eine Zahl von 483 Flüchtlingen, welche die Stadt unterzubringen hat. Aktuell leben ca. 300 Flüchtlinge in Waldkirch, woraus sich eine Differenz von 183 noch unterzubringenden Flüchtlingen ergibt, von denen wiederum 83 bis Ende 2016 aufzunehmen sind. Da das „Waldhaus“ nur bis zu 40 Flüchtlinge aufnehmen kann, muss für rund 40 weitere Flüchtlinge noch eine geeignete Unterkunft gefunden werden. Hierfür kommen auch Wohnungen von privaten Vermietern in Betracht – aktuell sind bereits 4 Wohnungen von der Stadt von Privatpersonen angemietet.
So viel zu den Zahlen. Doch natürlich geht bzw. sollte es hier in aller erster Linie um Menschen gehen. Waldkirch gilt bisher als beispielhaft, was die Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen angeht.
Das „Netzwerk Flüchtlinge“ ist inzwischen recht professionell aufgestellt. Dabei kann sich jeder in das Netzwerk einbringen, ob mit eigenen Ideen oder auch einfach unterstützend zu laufenden Aktionen – so Regine Gudat, Leiterin der Abteilung Jugend, Soziales und Integration.
Der Schlüssel einer guten Integration besteht natürlich darin, den Flüchtlingen zu helfen, sich in der ungewohnten Umgebung, Sprache und Kultur zurecht zu finden. Geplant sind des weiteren Kooperationen mit der Waldkircher Beschäftigungsinitiative „Wabe“ und Waldkircher Unternehmen. Es sollen berufsbezogene Sprachkurse angeboten und Praktikumsplätze geschaffen werden, um die Flüchtlinge möglichst gut zu integrieren und ihnen durch die Kurse und Praktika die Möglichkeit zu bieten, einen Arbeitsplatz zu finden, um ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können.
Die Kollnauer Ortsvorsteherin hofft, dass trotz dieses großen Verlusts einer beliebten Gaststätte die Bevölkerung den Wirtsleuten mit Verständnis für ihre Entscheidung begegnet und auch die neuen Gäste des Hauses wohlwollend in die Gemeinschaft aufnimmt.