Freiburg – Medizin-NEWS: 166 neue Risiko-Gene für Nierenkrankheiten entdeckt

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Klinik für Frauenheilkunde (c) Universitätsklinikum Freiburg/Britt Schilling

Genetisch bedingte Nierenkrankheiten

Forscher des Universitätsklinikums Freiburg haben im Rahmen einer internationalen Kollaboration Studiendaten von rund einer Million Patienten ausgewertet und dabei viele neue genetische Ursachen für Nierenkrankheiten entdeckt / Publikation in Nature Genetics

Rund acht Millionen Menschen in Deutschland haben eine chronische Nierenkrankheit, etwa 8.000 von ihnen warten auf eine Nierentransplantation. Nun haben Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg gemeinsam mit internationalen Kollaborationspartnern in einem mehrjährigen Projekt Daten von weltweit 1,05 Millionen Studienteilnehmern ausgewertet, um neue Risikogene für Nierenerkrankungen zu identifizieren. Dabei haben sie 166 Genorte erstmals nachgewiesen. Risikovarianten in elf dieser Gene sind nach Ansicht der Forscher besonders relevant und könnten unter anderem für die Medikamenten-Entwicklung wichtig sein. Für ihre Studie, die am 31. Mai 2019 im Fachmagazin Nature Genetics erschien, leiteten die Freiburger Wissenschaftler ein Konsortium mit mehr als 270 Forschungsabteilungen weltweit.

„Unsere Studie hilft zu verstehen, wie Nierenschäden entstehen und sie liefert dringend benötigte Ansätze für neue Therapien“, sagt Erstautor Dr. Matthias Wuttke, Arzt und Wissenschaftler am Institut für Genetische Epidemiologie des Universitätsklinikums Freiburg. „Chronische Nierenkrankheiten gehören zu den am stärksten ansteigenden Todesursachen der letzten zehn Jahre. In der Öffentlichkeit werden sie aber kaum wahrgenommen“, so Wuttke.

Größe entscheidet: Gigantische Datenberge ermöglichen Ursachenforschung

Der Nachweis, dass das Auftreten bestimmter Gen-Varianten im Zusammenhang mit einer Erkrankung steht, ist wissenschaftlich hochkomplex und erfordert umfassende  Datenanalysen. Dafür werteten die Forscher Datensätze des internationalen „Chronic Kidney Disease Genetics (CKDGen) Consortiums“ und des US-amerikanischen „Million Veteran Program“ aus. „Nur aufgrund der enormen Größe unserer Studie war es uns möglich, so viele neue Genorte zu finden, die sehr wahrscheinlich Nierenkrankheiten begünstigen“, sagt Studienleiterin Prof. Dr. Anna Köttgen, Direktorin des Instituts für Genetische Epidemiologie am Universitätsklinikum Freiburg. Für 166 der insgesamt 264 gefundenen Gen-veränderungen war bislang kein Einfluss auf die Nierenfunktion bekannt. „Elf der identifizierten Gene scheinen für einen Therapieansatz besonders vielversprechend. Wir haben die Hoffnung, dass sich so neue Wege finden lassen, um Nierenkrankheiten ursächlich behandeln zu können“, sagt Ko-Erstautor Dr. Yong Li vom Institut für Genetische Epidemiologie.

Besonders im Blick hatten die Forscher solche Gene, welche die Fähigkeit der Niere beeinflussen, das Blut durch Filtration von Schadstoffen zu befreien. Außerdem verglichen sie die Genaktivität von 46 Gewebetypen des gesamten Körpers und konnten zeigen, dass viele relevante Genveränderungen zu einer Veränderung der Genaktivität im Gewebe der Nieren und des Urogenitaltrakts führen. „Das spricht stark dafür, dass auch neue Therapien direkt in diesen Geweben ansetzen sollten“, sagt Wuttke.

Chronische Nierenkrankheiten – wenn sich der Körper selbst vergiftet

Die Nieren filtern täglich etwa 1.500 Liter Blut. Sie steuern maßgeblich den Wasser- und Mineralstoffhaushalt und sind zentrale Entgiftungsorgane des Körpers. Sind diese Funktionen gestört, kann es zu vielfältigen Beschwerden kommen. Dazu gehören Schwellungen der Beine oder des Gesichts, Müdigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust oder Muskelkrämpfe. Die wichtigsten Risikofaktoren für eine chronische Nierenkrankheit sind Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Im Endstadium, dem Nierenversagen, können Patienten mit einer Dialyse, auch Blutwäsche genannt, und langfristig mittels Nierentransplantation behandelt werden.

Original-Titel der Studie: A catalog of genetic loci associated with kidney function from analyses of a million individuals

DOI: 10.1038/s41588-019-0407-x

Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41588-019-0407-x

(Quelle: Universitätsklinikum Freiburg)

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